Enthüllungen über die komplizierten Mechanismen der digitalen Besetzung Palästinas durch Israel

Eine sowohl innerhalb der israelischen Grenzen als auch weltweite Enthüllung, die die vollständige Kontrolle und Blockade der palästinensischen Telekommunikations- und Internetinfrastruktur durch Israel aufdeckt und zur Zensur palästinensischer Inhalte und sozialer Medien führt. Es beschreibt, wie Israels militärische Cyber-Einheit 8200 unerbittlich Palästinenser ohne Rücksicht auf ihre Privatsphäre überwacht, und beleuchtet gleichzeitig die Widerstandsbemühungen des palästinensischen Volkes gegen die illegale Besatzung.

Am 7. Oktober 2023 gelang es Dutzenden von palästinensischen Kämpfern die streng gesicherte Grenze zu überwinden und benachbarte israelische Militärstützpunkte, Städte und Siedlungen anzugreifen.

Wir befinden uns im Krieg. Nicht in einem Einsatz, sondern im Krieg.

Benjamin Netanjahu – Premierminister Israel

Die israelische Regierung reagierte darauf mit einem Generalangriff auf den Gazastreifen und seine 2,2 Millionen Einwohner. Dabei belagerte Israel den Gazastreifen und unterbrach die Versorgung von Wasser, Strom, Lebensmitteln und Treibstoff und schlussendlich die Telekommunikation und das Internet.

Am 27. Oktober 2023 war der Gazastreifen buchstäblich vom Rest der Welt abgeschnitten. Der Stromausfall hielt tagelang an, und weitere Abschaltungen folgten, je länger die Belagerung andauerte. Es stellt sich die Frage, wie Israel eine derart weitreichende Kontrolle über das digitale Leben der Palästinenser ausüben konnte.

Die Besatzung der Palästinenser ist ein ständiger Zustand, in dem den Palästinenser ihrer Rechte und ihres Landes beraubt und ihnen die grundlegendsten Rechte verweigert werden, wie das Recht auf Selbstbestimmung, das Recht auf Eigentum und Besitz, das Recht auf Freizügigkeit, der Bewegungsfreiheit, das Recht auf Arbeit und arbeiten zu dürfen sowie das Recht zu lieben. Die digitale Besatzung geht auf das Osloer Abkommen von 1993 zurück, denn damals versuchte Israel die Kontrolle über die gesamte Infrastruktur, die Telekommunikation, den Transport und die Systeme Palästinas zu erlangen. Wenn man also unter digitaler Besatzung steht, bedeutet das, dass man zu jeder Zeit, in jeder Minute und jeder Sekunde von der israelischen Polizei, dem Militär und dem Geheimdienst verfolgt wird.

Der digitale Bereich wird technisch und physisch kontrolliert. Physisch, durch die Grenzübergänge und Beschränkungen, die auferlegt werden sowie die Begrenzung der Art und Anzahl aller sendefähigen Geräte, die zugelassen werden und durch die Kontrolle der Frequenzwellen leicht kontrolliert werden können. Dies betrifft Rundfunkkanäle, sei es in Verbindung mit Sendern und Radios oder drahtlosen Internet- oder Mobilfunkdiensten, so dass die Kontrolle der Frequenzwellen den Gazastreifen und Palästina unter klare Besatzung stellt. Wenn man im Telekommunikationssektor beispielsweise die Nummer +970 wählt, wird sie über die Nummer +972 weitergeleitet.

Die Besatzung zeigt oft ihre hässliche Fratze und erinnert daran, dass sie allgegenwärtig ist, obwohl diese Dienste eigentlich von politischen Fragen getrennt sein sollten, weil diese Themen mehr mit Menschenrechten und wirtschaftlichen Angelegenheiten zu tun haben, aber in vielen Fällen wird durch die Blockierung der Einfuhr von Geräten verhindert, dass Städte und Dörfer an das Netz angeschlossen und Wachtürme installiert werden. All diese Unterbrechungen vergrößern die digitale Kluft zwischen den Menschen in der Region, insbesondere zwischen den Palästinensern und der israelischen Seite. Die Palästinenser erleben diese Kluft vor allem zwischen den Menschen in Gaza und dem Rest des Landes.

Wenn man unter digitaler Besatzung steht, ist es schwer bzw. nahezu nicht gegeben eine Internetverbindung zu erreichen. Es gibt keine schnelle und sichere Internetverbindung zum Rest der Welt. Damit wird auch verhindert, daß Stimmen der Palästinenser in Echtzeit und zensurfrei erhoben werden können.

Das nebenstehende Bild zeigt ein Szenario, in dem eine palästinensische Frau von einer israelischen Sicherheitskraft zu Hause aufgesucht wird, um ihr folgendes anzulasten, Zitat: „Sie werden aufgrund der Veröffentlichung von Sympathiebekundungen, Komplimenten und der Ermutigung zu einem terroristischen Akt verhaftet.“ – Zitatende.

Die Palästinenserin erwiderte auf die bodenlosen Anschuldigungen mit, Zitat: „Nein, nein, nein. Unmöglich, unmöglich…“ – Zitatende.

Der israelische Sicherheitsmann weiter, Zitat: „Unterstützung und Aufforderung zu gewaltsamen Aktionen…“Zitatende.

Alles, was die Palästinenser gegen die Besatzung zu unternehmen wagen, wird von Israel als Terror bezeichnet. Es gibt den bewaffneten Terror, der selbstverständlich Terror ist. Es gibt den wirtschaftlichen Terror, wenn man es wagt, zum Boykott von Israel aufzurufen. Es gibt den diplomatischen Terror, wenn man sich an die Vereinten Nationen oder an die internationalen Organisationen wendet. Und es gibt auch den digitalen Terror.

Guten Morgen! Wir befinden uns in Bab al-Amud, dem schönsten Ort im Herzen Jerusalems. Hier ist ein Ort der Hoffnung für alle, die die alte Stadt lieben, aber es kommt immer wieder zu Störungen durch die Besatzungstruppen.

Ramzi Abbasi

Mit diesen Worten beendete Ramzi Abbasi das Video, welches er gerade drehte und auf soziale Medien hochladen wollte. Ramzi Abbasi ist ein prominenter palästinensischer Influencer, der dafür bekannt ist, dass er weltweit auf die Versuche der Besatzungstruppen aufmerksam gemacht hat, einen palästinensischen Bewohner aus dem Viertel Sheikh Jarrah in Ost-Jerusalem zu vertreiben. Sein Online-Aktivismus hat ihn zur Zielscheibe gemacht, sowohl für soziale Medienplattformen, die sein Konto mehrmals gesperrt haben, als auch für die israelischen Behörden. Ramzi ist Physiotherapeut für behinderte Kinder und wurde 2021 von der israelischen Zivilverwaltung entlassen, weil er als Gefahr für die Allgemeinheit angesehen wurde. Im April 2023 wurde er, als er seine Mutter im Krankenhaus besuchte, verhaftet, für drei Monate inhaftiert und zu einem Jahr Gefängnis verurteilt, und zwar wegen Anschuldigungen, die nichts mit seinen Online-Aktivitäten zu tun hatten.

Ramzi Abbasi wurde acht Tage nach seiner Freilassung vom israelischen Inlandsgeheimdienst (Shin Bet) verhört. Was ihn in Bezug auf die Verbreitung palästinensischer Inhalte am meisten beunruhigte war, als der Shin Bet sagte, dass es nur eine Person braucht, um einen Stein zu werfen, aber ein Online-Influencer eine große Reichweite hat, und damit zu einem der gefährlichsten Personen für die Israelis wäre. Jemand wie er sollte nicht auf freiem Fuß bleiben, er sollte eingesperrt sein, und wenn es nach den Verantwortlichen des Shin Bet ginge, würden sie ihn im Gefängnis behalten. Der israelische Geheimdienst hat ihm gedroht, dass jedes Thema, über das er von nun an abseits des normalen Lebens diskutiert/berichtet, zu seiner direkten Verhaftung, seiner Rückkehr ins Gefängnis und weiteren Einschränkungen seines Lebens führen wird.

Kritiker sagen, dass Palästinenser doppelt überwacht werden, sowohl von israelischen Behörden, die ihre Äußerungen im Internet überwachen und zensieren, als auch von Technologieplattformen, die dafür bekannt sind, dass sie mit israelischen Behörden zusammenarbeiten, um palästinensische Inhalte zu löschen. Für Palästinenser gelten außerdem recht drakonische Gesetze gegen Aufwiegelung. Dies bedeutet, dass viele Menschen, die versehentlich z. B. einen Liedtext oder ein aus dem Zusammenhang gerissenen Status-Update posten, der Aufwiegelung zur Gewalt beschuldigt werden können, und es gab schon viele Fälle, in denen palästinensische Nutzer, die etwas aus dem Zusammenhang gerissenes gepostet haben, ohne Gerichtsverfahren für Tage oder Wochen ins Gefängnis geworfen wurden. Das zeigt, wie die digitale Welt in den letzten Jahren zu einem wirklich umstrittenen und gefährlichen Ort für Palästinenser geworden ist.

Der digitale Raum nahm immens an Bedeutung zu. Sie mutierte zu einer der mächtigsten Waffe der Besatzung. Israel nutzt seinen Apparat, um auch auf den digitalen Plattformen ein hohes Maß an Zensur auszuüben. Palästinensische Inhalte auf digitalen Plattformen sind die am meisten zensierten der Welt. Und zwar in einem Ausmaß, das völlig unmoralisch ist und zum Beispiel der Fortsetzung der Unterdrückung dient. Wenn man bspw. lediglich den Ort erwähnt, der für Palästinenser der heiligste Ort ist, oder die Erwähnung der Al-Aqsa Moschee, kann der Beitrag gelöscht werden. Es gab Gespräche mit der Führung und dem Management von Meta Platforms, dem Facebook, Instagram sowie Messenger Dienste wie WhatsApp gehören sowie dem Management anderer Online-Plattformen, doch sie blieben fruchtlos, weil die Zensur systematisch betrieben und von hoher Hand politisch motiviert ist. Diese Tech-Unternehmen berauben den Palästinenser buchstäblich der Verwendung von gewöhnlichen Namen, Begriffen und Ideen, einfach weil sie den Rahmen, die Israel als Besatzungsmacht festgelegt hat, vollständig adaptiert haben.

Versuch einer Vertreibung palästinensischer Bewohner aus dem Viertel Sheikh Jarrah in Ost-Jerusalem:

Du stiehlst mein Haus.

Wenn ich es nicht stehle, wird es jemand anderes stehlen.

Nein, niemandem ist es erlaubt, es zu stehlen.

Als Israel die große Sympathie für das Problem im Sheikh Jarrah-Wohnviertel erkannte, begann es, die Bewohner des Viertels und die Meinungsmacher, die die Wahrheit zu verbreiten versuchten, zu schikanieren, indem es die persönlichen Konten der Palästinenser auf allen Social-Media-Plattformen sperrte, sie verhaftete und aus dem Sheikh Jarrah-Wohnviertel abführte. Außerdem wurden Barrieren errichtet und Journalisten daran gehindert, das Viertel zu betreten, um die Wahrheit zu dokumentieren.

Auch ein Journalist wurde von einer israelischen Einheit mit vorgehaltener Waffe angegriffen, als er über die Situation in diesem Viertel berichten wollte. Während seiner Berichterstattung erlitt er Verletzungen. Er wurde auch in der Altstadt verhaftet und entführt, als er einige Wahrzeichen der Altstadt fotografierte. Durch eine Live-Übertragung, die er machte, wurde er aufgespürt und dann entführt und an einen unbekannten und nicht identifizierbaren Ort gebracht.

Das Problem, das wir kennen müssen ist, dass Israel buchstäblich die Inhalte und die Moderation der Inhalte bestimmt. Israel spielt eine sehr bestimmende Rolle und übt einen enormen Druck auf diese Unternehmen sowie auf die Plattformen der sozialen Medien aus. Das ist der Grund dafür, dass diese Unternehmen die Definitionen von Anti-Zionismus und Antisemitismus erweitert haben.

Im Jahr 2022, während des vorangegangen Krieges gegen den Gazastreifen, hat ein Fotojournalist, der für Al Jazeera, der New York Times und andere Nachrichtensender und Verleger arbeitete, aus erster Hand erfahren, was es bedeutet, wenn seine Aktivitäten in den sozialen Medien von israelischen Gruppen überwacht und geprüft werden. Ihm wurde gesagt, er brauche einen Auftrag und eine Genehmigung, um über die Ereignisse in Gaza zu berichten. Am 24. August 2022 sah er zu seiner Überraschung einen Bericht auf einer israelischen Webseite namens honest reporting“, in dem er als Terrorist und Antisemit bezeichnet wurde. Sie hatten alte Beiträge aus den Jahren 2014 und 2011 geteilt, in denen die Palästinenser für die Märtyrer beteten und den Widerstand der Palästinenser gegen die israelische Besatzung diskutierten. Zwei Tage später, am 26. August 2022, fand er auf der israelischen Webseite die Nachricht, dass die New York Times entsprechende Maßnahmen gegen diese Journalisten ergriffen hatte. Von der New York Times hat er nichts mehr gehört. Dann erhielt er einen Telefonanruf von ihnen. Die NYT teilte ihm mit, dass es ihr leid täte, nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten zu können. Am 30. August erklärte der Direktor der israelischen Webseite „honest reporting“, dass sie mit dem Rauswurf dieser Journalisten aus dem Gazastreifen, die von ihnen als Terroristen bezeichnet wurden einen großen Sieg errungen hätten.

Israel kontrolliert die palästinensischen Online-Inhalte und die palästinensische Telekommunikation und schränkt die Möglichkeiten ihres Kommunikationssystems ein. Gleichzeitig haben die israelischen Verteidigungskräfte (IDF) in den besetzten Gebieten ein ausgeklügeltes Überwachungssystem eingeführt, das sich auf die modernste Militärtechnologie stützt. An der Spitze dieser Bemühungen steht der größte militärische Nachrichtendienst der IDF, bekannt als Einheit 8200.

Die Einheit 8200 ist eine berüchtigte Einheit des israelischen Militärs, berüchtigt für den Einsatz von Geheimdienst- und Überwachungstechnologien, um Menschen zu kontrollieren, vor allem Palästinenser im Westjordanland und im Gazastreifen.

Sicherheit ist Israels Religion. Alles ist erlaubt. Und die Cyber-Einheit 8200 vereint das Prestige und die Elite Israels.

Die Cyber-Einheit 8200 hört Menschen ab, verletzt ihre Privatsphäre, spioniert sie aus und bedroht sogar Menschen mit den Informationen, die sie über sie sammelt. Es gibt Informationen und Beweise dafür, dass die Einheit 8200 Informationen, die sie über Palästinenser gesammelt hat, dazu benutzt hat, sie zu bedrohen und zu demaskieren, um sie hinterher als Informanten für das israelische Militär zu rekrutieren.

Die israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) haben eine eigene Abteilung namens AMAN. Aber AMAN besteht aus drei verschiedenen Einheiten. Die Cyber-Einheit 8200 ist eine davon, die zweite ist die Einheit 9900 und die dritte hört auf 504. Unter diesen Einheiten von AMAN ist die Einheit 8200 die fähigste und wird meistens mit der Fernmelde- und Elektronische Aufklärung in Verbindung gebracht.

Das israelische Militär hat in allen palästinensischen Vierteln der Großstädte CCTV-Kameras installiert. Einige der Bewohner sagen, dass diese Kameras direkt in ihre Wohn- und Schlafzimmer schauen. Sie beschrieben das Gefühl, dass jede ihrer Bewegungen von den israelischen Behörden überwacht und verfolgt wird. Ihre Häuser sind Räume, über die sie die totale Kontrolle zu haben glauben.

Nach Angaben von Amnesty International sind die Palästinenser das am meisten überwachte Volk der Welt geworden. Ein weißes Netz von CCTV-Kameras in den besetzten Gebieten hält die Palästinenser unter ständiger Beobachtung. In Ost-Jerusalem zum Beispiel hat Amnesty alle 5 Meter eine oder zwei CCTV-Kameras gefunden.

Dank einer fortschrittlichen, auf künstlicher Intelligenz (KI) basierenden Gesichtserkennungstechnologie hat die israelische Armee auch Mobiltelefonanwendungen entwickelt, die unrechtmäßig biometrische Daten von Palästinensern erfassen, um Menschen unabhängig von ihrem Alter zu überwachen und zu kontrollieren.

Blue Wolf ist eine mobile Anwendung, die die israelischen Soldaten auf ihren vom Militär ausgegebenen Handys und iPads haben. Blue Wolf ermöglicht es den Soldaten im gesamten besetzten Westjordanland, Fotos von Palästinensern zu machen und automatisch grundlegende biografische und biometrische Informationen sowie eine Sicherheitseinstufung abzurufen. Früher wurde Blue Wolf nur an Militär-Stützpunkten eingesetzt, jetzt haben israelische Soldaten mit ihren Militärtelefonen und iPads Zugang zu einer umfangreichen Datenbank biometrischer Daten.

Was von Menschenrechtsgruppen als automatisches Apartheidsystem bezeichnet wurde, wäre ohne die Unterstützung der weltweit führenden Technologieunternehmen nicht möglich gewesen.


Auf einer Tech-Konferenz In New York, in der diese Technologien vorgestellt wurden, erhebte ein Google-Mitarbeiter aus dem Publikum seine Stimme und sagte:

„Ich bin ein Google-Cloud-Software-Ingenieur und weigere mich, Technologien zu entwickeln, die Völkermord, Apartheid oder Überwachung unterstützen. Project Nimbus bringt palästinensische Gemeindemitglieder in Gefahr.“.

Auch Stimme der Proteste vor dem Google Cloud Hauptgebäude wurden laut:

Wir haben mehr Gründe denn je, uns erneut zu organisieren, um sicherzustellen, dass Technologieunternehmen wie Google, die hier in der Bucht und in den Vereinigten Staaten ansässig sind, nicht weiterhin von der Ermächtigung der israelischen Apartheid profitieren können.

Das Nimbus-Cloud-Projekt ist ein 1,2-Milliarden-Dollar-Deal zwischen Google, Amazon und dem israelischen Militär. Es handelt sich um eine Vereinbarung, die es diesen Unternehmen ermöglicht, der israelischen Regierung und ihrem Militärapparat grundlegende Cloud-Computing-Software zur Verfügung zu stellen. Dazu gehören grundlegende Dinge wie die Speicherung von Gesundheitsdaten aber auch der Aufbau und die Speicherung von Überwachungsdaten. Dazu gehört auch, dass das israelische Militär mit neuen Überwachungstechnologien ausgestattet wird, von denen Kritiker behaupten, sie würden die Kontrolle über die palästinensische Zivilbevölkerung verstärken und verbessern.

Wenn wir die besetzten Gebiete als Testgelände und als Labor für die israelische Überwachungs- und Waffenindustrie betrachten, sehen wir ein direktes Beispiel dafür, wie der Siedlerkolonialismus mit Militarismus und Kapitalismus sich selbst nährt. Die Situation in Palästina wird dadurch nicht nur profitabel, sondern auch durch den rechten Flügel der Regierung darin bestärkt, diese Situation beizubehalten. Das ist genau wie die Rüstungsindustrie in Israel. Es ist auch eine Art von Waffenindustrie, die zwar theoretisch keine Menschen tötet, aber gewiss ihre Privatsphäre sowie ihre Menschen- und Bürgerrechte. Die Israelis sind sehr stolz darauf, Teil der Rüstungsindustrie zu sein, und das ist der springende Punkt. Es geht nicht darum, diese Dinge zu tun, denn das können viele Länder auch, aber nur in Israel ist es mit einem derartigen Stolz verbunden. Es ist eine Normalisierung, eine Legitimierung des Umgangs mit den Rechten des Einzelnen ohne jegliche Rechtfertigung oder Legitimierung.

Trotz eines bemerkenswerten Überwachungssystems, das jeden Moment des palästinensischen Lebens in den besetzten Gebieten überwacht und das die Sicherheit der israelischen Bürger garantieren soll, gelang es Hamas-Kämpfern in Gaza am 7. Oktober 2023 Israels technologische Festung mit erstaunlicher Leichtigkeit zu durchbrechen.

Die Israelis waren sich sicher, dass diese Technologie zwei Dinge garantieren würde. Erstens, dass sie den besten Geheimdienst der Welt haben und dass sie die Farbe jeder Unterwäsche eines jeden Palästinensers in Jabaliah kennen. Doch letztendlich war Israel und seine Verteidigungskräfte völlig überrascht, weil niemand diesen Hamas-Angriff vom 7. Oktober kommen sah. Israel war sich so sicher, dass ihre technologisch hochentwickelte Barriere mit allen möglichen elektronischen Geräten, das es für Milliarden von Dollar gebaut hatte, undurchdringbar war und doch haben ein paar hundert Hamas-Kämpfer auf Fahrrädern und Motorrädern diese Barrieren überquert als wären sie nichts. Wie war das möglich? Und wie ist es dem palästinensischen Widerstand gegen die Besatzung gelungen, eine so komplexe Operation zu organisieren?

Gideon Levy – Israelischer Journalist

Der palästinensische Widerstand hat das Glück, Zugang zu einigen digitalen Werkzeugen zu haben, die zum Widerstand oder zur Verteidigung beitragen können, sei es im Zusammenhang mit dem Angriff oder der Verteidigung an der militärischen Front und aus der Perspektive des Datenabrufs heraus.

Vor über einem Jahr hatte TRT World Zugang zur Cyber-Einheit der Hamas erhalten und damit einen exklusiven Einblick in die Aktivitäten einer der bestgehüteten palästinensischen Gruppen.

In der Tat hat der palästinensische Widerstand mehrere Methoden angewandt, um die israelische digitale sowie non-digitale Kontrolle in allen Bereichen zu überwinden. Den Mitgliedern des palästinensischen Widerstands ist es gelungen, dieses Ziel zu erreichen. Dieser große Erfolg hat es dem palästinensischen Widerstand ermöglicht, bis zum heutigen Tag operativ und erfolgreich zu sein. Der palästinensische Widerstand ist im Bereich der Kommunikation auf ein strategisches Dilemma gestoßen, das dazu geführt hat, dass seine Kämpfer von der Besatzung ermordet und seine Missionen gefährdet wurden und damit unterbrochen werden mussten. Eine Reihe ihrer Kämpfer wurde von der Besatzung ermordet, weil sie die Fähigkeit besaßen das öffentliche Kommunikationssystem der Palästinenser sehr gut und umfassend überwachen zu können. Es ist bekannt, dass die palästinensischen öffentlichen Kommunikationsnetze von den israelischen Besatzungsmächten beeinflusst und verfolgt werden, was den Prozess dieser Telekommunikationsdienste unterstützt.

Für die Palästinenser bedeutet dies auch die Beschaffung von Informationen aus dem Ausland, z.B. Werkzeuge für den Widerstand, den Kommunikationsprozess, die Kommunikationsnetze, die Vernetzung, die Erleichterung der Übertragung, Speicherung und Verbreitung von Daten, wodurch die Kommunikation für die Öffentlichkeit und die Eliteeinheiten erleichtert wird sowie der Koordinationsprozess und die Einrichtung gemeinsamer Räume für operative Einsätze. All dies ist eine Tatsache und der Widerstand hat darüber gesprochen, aber dies war in der Vergangenheit mit den traditionellen Kommunikationsmethoden nicht möglich, aber mit der heutigen digitalen Kommunikation ist dies möglich geworden und es gibt einen sehr großen Vorsprung, der genutzt werden kann, besonders jetzt, da diese Technologie nicht exklusiv für nationale Organe sind sondern nunmehr für alle zugänglich sind. Einige Gruppierungen sind heute technologisch besser ausgebildet und effizienter als manche Nationen.

Das Kommunikationsnetz des palästinensischen Widerstands wurde in verschiedenen Phasen aufgebaut. In der ersten Phase wurde das erste begrenzte Kommunikationsnetz in einem bestimmten Gebiet geschaffen, um die israelische Bodeninvasion in diesem Gebiet zu blockieren. Die Führung der Al-Qassam-Brigade beschloss daraufhin, dieses Projekt zu verstärken und ein spezielles Netz von Kämpfern der Al-Qassam-Brigade einzurichten, das alle Kampfgebiete im Gazastreifen abdeckt. Dieses Projekt wurde von einer Gruppe fähiger Ingenieure überwacht, die eine große Verbundenheit mit ihrem Heimatland haben.

Ich habe eine vollständige Belagerung des Gazastreifens angeordnet. Es wird keinen Strom geben, keine Lebensmittel, keinen Treibstoff, alles ist geschlossen. Wir kämpfen gegen menschliche Tiere, und wir handeln entsprechend.

Yoav Gallant – Verteidigungsminister von Israel:

Als der Krieg in Gaza ausbrach und die IDF 2,2 Millionen Palästinenser unter Belagerung stellte, um angeblich die Hamas vollständig zu vernichten, verlagerte sich der Konflikt trotz der Kommunikationsausfälle in Gaza auch wieder in die digitale Sphäre. Was auf dem Spiel steht, ist die Kontrolle über das Narrativ der Ereignisse.

Die israelische Armee (IDF) hat ihre eigenen Social-Media-Accounts, auf denen sie bei größeren bewaffneten Konflikten Inhalte verbreitet, die israelische militärische Operationen unterstützen. Wir haben also gesehen, dass die digitale Sphäre in den letzten Jahren zu einem neuen Terrain des Konflikts geworden ist, und das wird sich nur noch verstärken, wenn jüngere Generationen diese Plattformen nutzen und politisieren.

Die Teilnahme der Palästinenser in der digitalen Welt ist ein palästinensisches Recht, insbesondere da Israel den palästinensischen Telekommunikationssektor und seine Entwicklungsmöglichkeiten kontrolliert. Daher unterbindet Israel die digitale Transparenz und die Online-Verbindung der Palästinenser zum Rest der Welt. Israel stellt als Besatzungsmacht Hindernisse auf, die fortwährend versucht, die tatsächlichen Geschehnisse in Palästina von der Welt abzuschotten und will nur das von ihnen und den westlichen Mächten propagierte Narrativ verbreitet wissen. Das palästinensische digitale Narrativ stellt eine Bedrohung für die Hegemonie des israelischen Narrativs dar und untergräbt dessen Glaubwürdigkeit in der Welt. Das ist etwas, daß Israel nicht will. Dennoch haben mittlerweile die tatsächlichen Geschehnisse in Palästina die digitale Welt dominiert, weil es einige Wenige zu zensieren möglich ist und zum Schweigen bringen kann, aber nunmal eben nicht alle. Deshalb gibt es viele Ungereimtheiten und Risse in der digitalen und medialen Mauer, die um das palästinensische Narrativ errichtet wurde. Die Palästinenser zählen auf die Wahrheit, und die Wahrheit wird ans Licht kommen. Es braucht nicht viel, um die Wahrheit zu berichten, sie zu vermitteln und zu verbreiten. Jeder, der versucht, die Wahrheit zu unterdrücken, braucht ein großes finanzielles Depot mit viel Aufwand und viel Lobbyarbeit, um eben dies zu erreichen. Aber wenn man wirklich hinter der Wahrheit her ist, braucht es nicht viel, die Wahrheit zu erfahren und auszusprechen.

Die Palästinenser gehen derzeit durch eine schwierige Zeit, selbst jedes Interview dieser Art mit der berichtenden, ehrlichen Presse kann jeden Palästinenser in Schwierigkeiten bringen. Für palästinensische Inhalte brechen schwierige Zeiten an. Palästinensischen Influencern ist es komplett verboten, irgendetwas anzusprechen, das mit Palästina zu tun hat. Gaza, Jerusalem, die Unterdrückung, der Krieg, das Gefängnis und alles, was mit dem Leid des palästinensischen Volkes zu tun hat. Jeder, der eine unerwünschte Meinung äußert, wird verhaftet, misshandelt und angegriffen. Diejenigen, die sich zu diesen Themen äußern, werden auch von den Plattformen der sozialen Medien verbannt. Dies ist das größte Zeichen für das palästinensische Volk, daß ihre Botschaft die Welt erreicht, wenn es sie in die Welt trägt. Die Palästinenser sehen die Wirkung, die sie erzielen können. Und ihre Botschaft an die Welt lautet: „Vergesst uns nicht!“.

Bilder: TRT World, Redaktion
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