Assange: Die Bedeutsamkeit des Rechts auf freie Meinungsäußerung. Britisches Gericht gewährt Recht auf Berufung.

Ein High Court in London hat dem WikiLeaks-Gründer Julian Assange die Erlaubnis erteilt, gegen seine Auslieferung an die Vereinigten Staaten Berufung einzulegen. Die Entscheidung fiel nach einer kritischen Anhörung in London, zu der Assange aus gesundheitlichen Gründen nicht erschienen war. Assange wird seit über fünf Jahren im Londoner Belmarsh-Gefängnis festgehalten und wartet auf seine mögliche Auslieferung an die USA, wo ihm wegen der Veröffentlichung geheimer Dokumente, die US-Kriegsverbrechen im Irak und in Afghanistan aufdecken, bis zu 175 Jahre Haft drohen. Davor verbrachte er sieben Jahre in der ecuadorianischen Botschaft in London, wo ihm politisches Asyl gewährt worden war.

Im März erklärte das Gericht, wenn Julian Assange, der australischer Staatsbürger ist, sich nicht auf den 1. US-Verfassungszusatz berufen könne, dann sei seine Auslieferung mit der Europäischen Menschenrechtskonvention unvereinbar, die ebenfalls die Meinungsfreiheit und den Schutz der Medien schützt. Im April versicherte die Regierung Biden dem Gericht, dass Assange nicht mit der Todesstrafe rechnen müsse und dass seine Rechte nach dem ersten Verfassungszusatz geschützt würden, wenn er von Großbritannien ausgeliefert werden würde.

Im Februar beantragte die Verteidigung Assange‘s, aus neun verschiedenen Gründen Berufung einzulegen. Im britischen Rechtssystem muss man die Erlaubnis zur Berufung erhalten. Der britische High Court sagte, dass sie möglicherweise aus drei dieser Gründe Berufung einlegen könnten, sofern die USA keine zufriedenstellenden Zusicherungen machten. Bei dem einen Grund ging es um die Todesstrafe, und die Verteidigung stimmte heute zu, dass die Zusicherung der Todesstrafe zufriedenstellend war. Die beiden anderen Gründe, für die nun die Berufung zugelassen wurde, gehen auf eine Bemerkung von Gordon Kromberg zurück, und bedeutet gleichzeitig, dass die Zusicherungen der USA nicht zufriedenstellend waren. Kromberg ist Staatsanwalt im Fall Assange. Er verfolgte auch Daniel Hale. Er war an der Verfolgung von Sami Al-Arian beteiligt. Er ist berüchtigt für seine Verstöße gegen Bürgerrechte und bürgerliche Freiheiten und sagte, dass die USA argumentieren könnten, dass Julian Assange keine Rechte nach dem 1. Verfassungszusatz habe, weil er ein ausländischer Staatsbürger sei. Dies warf zwei Berufungsgründe auf: Erstens, dass Assange aufgrund seiner Staatsangehörigkeit entweder bei der Verhandlung oder bei der Verurteilung benachteiligt würde, und dass, wenn er sich nicht auf den 1. US-Verfassungszusatz berufen könnte, dies sein Recht auf freie Meinungsäußerung gemäß der Europäischen Konvention verletze.

Es sei anzumerken, dass der Oberste Gerichtshof des Vereinigten Königreichs in seinem Urteil vom März nicht zu dem Schluss kam, dass die strafrechtliche Verfolgung von Julian Assange wegen der Aufdeckung von Kriegsverbrechen sein Recht auf freie Meinungsäußerung verletzen würde. Und während die Frage der Todesstrafe aufgeworfen wurde, wurde die Verteidigung aufgefordert, den Plan der CIA, ihn zu töten, nicht mehr anzusprechen, denn wenn Assange an die USA ausgeliefert wird, hat die CIA keinen Grund mehr, ihn zu ermorden.

Den Verteidigern von Assange waren also im Grunde genommen beide Hände gebunden, und sie hatten in diesem Jahrhundertprozess um die Pressefreiheit nur eine äußerst knappe Berufungsbegründung. Und trotz aller Widrigkeiten haben sie sich am 20.05.2024 durchgesetzt, indem sie sagten, dass die Zusicherungen der USA bezüglich des 1. Verfassungszusatzes und der Nationalität nicht ausreichend sind. Sie haben akzeptiert, dass die Zusicherung in Bezug auf die Todesstrafe ausreichend ist. Es wird keine Berufung gegen die Todesstrafe geben.

Die USA versicherten jedoch, dass Assange in seiner Verteidigung nicht aufgrund seiner Staatsangehörigkeit eingeschränkt sei und er sich auf den 1. Verfassungszusatz berufen könne, was aber letztlich von einem Gericht zu entscheiden sei. Sie sagten auch nicht, dass Gordon Kromberg oder wer auch immer in der Exekutive davon absehen würde, das Argument vorzubringen, dass Assange aufgrund seiner australischen Staatsangehörigkeit keine Rechte nach dem ersten Verfassungszusatz habe. Die Verteidigung wies also sowohl darauf hin, dass Kromberg sich nicht weigert, diese Klage einzureichen, als auch darauf, dass ein Gericht sie unabhängig davon einreichen könnte, und dass, wenn ein Gericht sie unabhängig davon einreicht, dies eine Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung sei. Das Gericht könnte unabhängig von Kromberg entscheiden, dass Assange keine Rechte aus dem 1. US-Verfassungszusatz hat, was eine Verletzung seiner Rechte auf freie Meinungsäußerung sein könnte, und dass die Zusicherung, dass er sich auf den 1. Verfassungszusatz berufen könnte, keine Zusicherung ist, da er sich nun mal nicht als australischer Staatsbürger auf den 1. US-Verfassungszusatz berufen kann.

Das Gericht hat sich am 20.05.2024 nicht dazu geäußert, ob Assange ausgeliefert werden kann, oder ob dies seine Auslieferung blockieren werde. Es wurde lediglich entschieden, dass es Gründe für eine Berufung in dieser Angelegenheit gibt.

Die Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen hat festgestellt, dass Assanges Zeit in der Botschaft eine willkürliche Inhaftierung darstellt. Dieser Tage, versucht ein Mitglied des britischen Parlaments, angeführt von John McDonnell, basierend auf dem Journalismus von Stefania Maurizi, herauszufinden, warum die Staatsanwaltschaft in das schwedische Auslieferungsersuchen eingegriffen hat, um es zu verlängern, mit der Schlussfolgerung, dass sie ihn für die Auslieferung an die USA vorbereiten wollten.

Es ist noch unklar, wie lange das noch weitergehen soll. Assange wird eine weitere Berufung einlegen, in der es darum geht, ob seine Rechte auf freie Meinungsäußerung verletzt werden und ob er aufgrund seiner Nationalität diskriminiert wird oder nicht. Es ist klar, dass die Richter nicht sehr beeindruckt waren von den Argumenten, die die USA und das Vereinigte Königreich vorgebracht haben. Der Zeitplan für die Berufung ist noch unbekannt und unklar. Die Verteidigung und die Staatsanwaltschaft müssen zusammenarbeiten, um einige Dokumente vorzulegen. Dann könnte sich das noch viel länger hinziehen. Es dürfe nicht vergessen werden, dass selbst wenn die britischen Gerichte letztendlich gegen Assange entscheiden, was viele von uns befürchtet haben, da sie den USA im Grunde genommen mitgeteilt haben, was sie in diesen Zusicherungen zu sagen haben – und die USA nicht einmal das tun konnten -, besteht immer noch die Möglichkeit, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg anzurufen.

Assange bleibt also in Belmarsh Hochsicherheitsgefängnis – einem der härtesten Gefängnisse – eingesperrt. Wir wissen, dass sich sein Gesundheitszustand verschlechtert. Deshalb durfte er am 20.05.2024 auch nicht zum Gerichtstermin erscheinen. Wir wissen auch, dass man Journalisten, die nicht in England und Wales ansässig sind, den Fernzugriff untersagt hat, weil sie nicht belangt werden können, wenn sie einen Screenshot von der Anhörung machen. Es wird vermutet, daß der Grund, warum sie diese Übertragungen nicht zulassen, der ist, dass sie Angst haben, dass jemand einen Screenshot von Julian Assange macht, wenn er tatsächlich auftaucht, denn wir wissen, dass sie nicht wollen, dass jemand Julian Assange filmt oder fotografiert, um zu zeigen, in welch schlechter Verfassung er ist. Es ist also ein Sieg für Julian Assange, da er weiterlebt, um einen weiteren Tag zu kämpfen. Daß sein Fall weiterlebt, um diesen Jahrhundertprozess zu kämpfen. Dennoch ist er noch nicht aus Belmarsh Hochsicherheitsgefängnis heraus, und damit noch nicht aus dem Schneider. Dies könnte immer noch damit enden, dass er an die Vereinigten Staaten ausgeliefert wird.

Die Personen, die dies verhindern können, sind Joe Biden und Merrick Garland. Sie könnten diese Anklagen noch fallen lassen. Sie behaupten immer wieder: „Oh, das ist das Justizministerium. Wir wollen das Justizministerium nicht politisieren.“ Aber dies ist eine politische Anklage. Die Entscheidung, einen Journalisten anzuklagen, weil er Kriegsverbrechen der USA aufgedeckt hat, ist die Entscheidung für eine politische Strafverfolgung. Es war eine politische Entscheidung, als Barack Obama sich weigerte, den Fall anzuklagen, und es war eine politische Entscheidung, als Trump, J. Sessions und W. Barr sich dafür entschieden, ihn anzuklagen. Biden kann dasitzen und sagen, er sei nicht wie Trump, er glaube an die Demokratie, Journalismus sei kein Verbrechen, all diese Dinge, aber diese Worte sind äußerst bedeutungslos und leer, solange Biden die politische Entscheidung trifft, diese Verfolgung eines Journalisten aus der Trump-Ära fortzusetzen, dessen einziges 2Verbrechen“ darin besteht, Kriegsverbrechen, Machtmissbrauch und Staatskriminalität aufzudecken.


Bilder: progressivehub.net, somersetbean.com und Redaktion
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