Armes Deutschland

Wie leicht ist es mittlerweile, in Deutschland kriminalisiert zu werden, obwohl man nichts getan hat.

Ich hatte mein reparaturbedürftiges und nicht fahrbereites landwirtschaftliches Fahrzeug im Carport auf meinem Grundstück abgestellt. Dieses Fahrzeug war seit längerer Zeit nicht in Betrieb und hat auch nicht am Straßenverkehr teilgenommen, denn es befand sich im Reparaturzustand (Batterie entfernt etc.).

Ein Polizeibeamter betrat – ohne mich (vorher oder nachher) in Kenntnis zu setzen – mein Grundstück und steckte einen Bußgeldbescheid über 60 Euro (Beanstandung abgelaufene TÜV-Plakette) hinter den Scheibenwischer, den ich allerdings erst nach Tagen entdeckte.

In früheren Zeiten hätte die Polizei – dein Freund und Helfer – an der Haustür geklingelt und auf einen gegebenen Missstand hingewiesen, der dann vielleicht im Gespräch geklärt werden hätte können. Dies erfolgte leider nicht.

Ich habe daraufhin die Situation telefonisch und per email erklärt, aber alle meine Widersprüche und Beschwerden wurden nicht zur Kenntnis genommen oder wurden abgelehnt. Die Begründung war, dass das Fahrzeug ja nicht abgemeldet war (was auch stimmt, denn ich habe auch weiterhin die Versicherung bezahlt) und ich hätte ja damit fahren können.

Nachdem mehrfach Beamte des Landratsamtes Böblingen mich angeschrieben hatten und auch persönlich bei mir vorstellig waren und ich meine Rechtsauffassung und Ablehnung der Zahlung weiterhin vertreten hatte, wurde der Vorgang an die Staatsanwaltschaft Stuttgart übergeben. Ich wurde zu zwei Tagen Erzwingungshaft in der Justizvollzugsanstalt Stuttgart verurteilt.

Um die Sache abzukürzen: Schließlich schickte man zwei bewaffnete Zivilfahnder des Polizeireviers Herrenberg mit einem Haftbefehl/Vorführungsbefehl vorbei, um mich abzuholen. Letztendlich habe ich unter Zwang die Geldbuße samt der aufgelaufenen Zusatzkosten bezahlt.

Formaljuristisch richtig ist diese Ausübung von Macht vielleicht schon, nur vermisse ich leider einerseits den gesunden Menschenverstand und andererseits, angesichts des bürokratischen Aufwandes und der vielen vom Bürger bezahlten beteiligten Beamten, eine Abwägung des Kosten- Nutzen-Verhältnisses.

Es drängt sich mir gerade jetzt die Frage auf, ob die Polizei nicht dringlicheren Problemen wie der Sicherheit in unserem Land nachgehen müsste (freilaufende Messerstecher und Vergewaltiger etc.), als unbescholtene Bürger mit Marginalitäten zu drangsalieren?

Das Wort Verhältnismäßigkeit, das eine allgemeine, gerade auch im Rechtswesen gültige Handlungsanweisung ausdrückt, scheint in der heutigen Zeit an Bedeutung verloren zu haben.

Mehr Narrenfreiheit, weniger Verhältnismäßigkeit – armes Deutschland!

Norbert Marschall

Bildquelle: Redaktion
***